VR Geschichten hat lange pausiert. Doch das ist jetzt vorbei, wir sind zurück! In den letzten Monaten ist viel passiert, Schlimmes auf der Welt und doch auch ein paar sehr schöne Momente für uns privat. Davon will ich Euch erzählen, denn wir waren – mal wieder – auf Reisen. Es geht diesmal also ausnahmsweise nicht (nur) um VR.
Raus, raus, weit weit weg
Kennt Ihr diese glitzernden Wasserpfützen, die man manchmal in der Wüste am Horizont sieht? Oder zumindest glaubt, man sehe da etwas? In der Realität existieren sie nie. Die flirrende Luft spielt unseren Augen nur einen Streich. So fühlt es sich an, wenn ich heute für Euch über das Reisen schreibe. Denn Reisen, das scheint in 2020 wie aus einer anderen Galaxie.
Ich schreibe trotzdem davon.
Im Herbst 2019 hatten mein Liebster und ich die Nase voll von Berlin. Wir sehnten uns nach einer Pause: nicht arbeiten, Neues entdecken, ein wenig Abenteuer (aber auch nicht zu viel), Zeit für uns und ein paar gute Bücher. Nach unserer letzten großen Reise in 2017 hatten wir keine längere Auszeit mehr genommen und beide viel gearbeitet. Es war also wieder Zeit, die Rucksäcke zu packen.
Gleich nachdem der Entschluss gefallen war, machten wir uns ans Werk. Wir blockten in unseren Terminkalender stolze zehn Wochen, beichteten der Familie, dass wir weder Weihnachten noch Silvester in Deutschland verbringen würden, ich las mehrere Dutzend Reiseführer und unzählige Blogs, plante unsere Reiseroute in den unterschiedlichsten Varianten, wir ließen uns impfen, erstellten verschiedene Budget-Listen, bis Excel mit einem großen Rumms explodierte… Und buchten schlussendlich unsere Flüge.
Ende Dezember ging es los, wir waren selten so aufgeregt in unserem Leben.
Sri Lanka – Buddhas Beistand und die Träne im Meer
Unser erster Stop: Sri Lanka. Südlich vom großen Indien sieht der kleine Inselstaat tatsächlich aus wie eine Träne im indischen Ozean, auch wenn das schrecklich kitschig klingt. Kurz vor Abflug hatten wir uns noch eine preiswerte 360-Grad-Kamera gekauft, um möglichst viele Eindrücke zurückbringen zu können. Unsere Wahl fiel wieder auf die Samsung Gear 360, nur diesmal das Modell aus 2017 (nachdem ich das 2016er Modell aus Versehen zerkratzt hatte). Nichts Großartiges für eine VR-Bloggerin und ihren Supernerd, aber leicht, gut zu bedienen und völlig ausreichend für unsere wenigen Touristen-Aufnahmen.
Es war Heiligabend, als wir völlig übermüdet aus dem Auto unseres Fahrers krochen, der uns vom Flughafen abgeholt und in unser erstes Hotel gefahren hatte. Um die Reise würdig einzuleiten, hatten wir ein paar Tage Erholung und Entgiftung in einem Ayurveda-Hotel gebucht. Dafür ist Sri Lanka bekannt – und warum nicht mal ausprobieren?
Was wir nicht wussten, war, dass es auch Weihnachtsmänner in Sri Lanka gibt. Und dass wir – mehr oder weniger freiwillig – gleich am großen Weihnachtsdinner teilnehmen durften. Es war köstlich. Und doch waren wir froh, direkt nach dem Dessert in einen tiefen Schlaf fallen zu können, nur gestört von der ein oder anderen hungrigen Mücke, die verzweifelt nach Löchern in unserem Moskitonetz suchte.
In Sri Lanka gibt es mehrere Religionsgruppen. Die größte unter ihnen sind die Buddhisten, daneben gibt es noch Christen, Hindus und Muslime. In unserem ersten Hotel führten die Mitarbeiter mit uns ein kleines Willkommensritual durch, bei dem wir Buddha um seinen Beistand baten. Und Buddha passte in den folgenden fünf Wochen ganz besonders gut auf uns auf: ob es gefährliche Meeresströmungen an idyllischen Stränden waren, verrückte Busfahrer, die ihr Gefährt mit einer Achterbahn verwechselten, bockige Elefanten, oder Wandertouren, die als „leichte Wanderung“ beworben wurden und sich als stundenlanger Gebirgsmarsch entpuppten. Wir fühlten uns gut aufgehoben.
In einem unserer Hotels. Hier nahe Tangalle an der Südküste. © VR Geschichten
Unsere Route führte uns die Südküste entlang von Strand zu Strand, dann ging es auf Safari in den Udawalawa-Nationalpark, bevor wir uns über die kühle Berguft und die Teefelder in der Mitte der Insel freuten. Nahe Kandy verbrachten wir einige Tage auf einer Ökofarm, wo wir nicht nur Kühe farbig anmalen, sondern auch eine Grippe mit hohem Fieber auskurieren und dadurch zwei der örtlichen Krankenhäuser inspizieren durften. Am Ende entdeckten wir die alten Stätten im Norden, lernten die Geschichte des Landes kennen und streunten schwitzend durch die Hauptstadt Colombo.
Zuhause unzähliger Elefanten: der Udawalawa-Nationalpark. © VR Geschichten
Dort entdeckten wir – angelockt durch Essensdüfte und eine Klimaanlage – ein großes Einkaufszentrum. Wie fast überall in Asien kann man auch in den Malls in Sri Lanka wunderbar essen gehen. Doch wir fanden noch viel mehr: eine kleine VR-Arcade, vollgepackt mit den sonderlichsten Attraktionen. Hier wollten wir bleiben!
Unter den leicht amüsierten Blicken mehrerer Familien, die sich in einer immer größer werdenden Traube um uns herum gruppierten, testeten wir jedes einzelne VR-Fahrgestell, juchzend und kreischend wie kleine Kinder. Fast jedes, denn in das Achterbahngefährt, das sich auf den Kopf stellte, trauten wir uns dann doch nicht – im Gegenteil zu einem ungefähr zehn-jährigen Mädchen, das mit keiner Wimper zuckte.
Malediven – Liebe unter Wasser
Nach all dem Abenteuer sehnten wir uns nach Entspannung. Ein Glück, denn es ging ins Land der 5-Sterne-Resorts, auf die Malediven. Nur, dass wir nicht in einem 5-Sterne-Resort waren. Nein, wir fuhren mit einer Gruppe lustiger Reisender auf einem Schifflein von Insel zu Insel und schnorchelten, wo es etwas zu sehen gab (übrigens organisiert von GAdventures). Ab und zu passierten wir aber eines dieser Prunk-Resorts. Dann blickten zwölf Augenpaare sehnsuchtsvoll zu den hübschen Pavillons hinüber mit ihren Privatpools und dem blendend weißen Strand.
Doch wer will schon Luxus, wenn er auch Haie haben kann? Ganz recht, wir schnorchelten wie die Wilden und sahen nicht nur die allgegenwärtigen Fische, sondern auch Schildkröten, Rochen und ziemlich große Haie. Eines Tages lagen wir in einer Bucht vor Anker, in der sich gerne Delphine tummeln. Unser Bootsführer hatte uns schon vorgewarnt: „Seid jederzeit bereit, springt ins Wasser, wenn ich es Euch sage. Sofort, wartet nicht!“ Denn wir wollten mit den Delphinen schwimmen.
Und tatsächlich: Wir mussten nicht lange warten. Unser Bootsführer schrie ein langes, lautes „jeeeetzt“ – und die Panik an Bord brach aus. Wir warfen uns in unsere Taucherbrillen, hüften auf einem Bein, um die engen Schwimmflossen über die Füße zu ziehen, stießen aneinander, verlegten Schnorchel und Sonnencreme, fluchten, und sprangen dann wie Gänseküken einer nach dem anderen vom Schiff ins türkisblaue Wasser.
Paradies Malediven. Wäre da nur nicht der Plastikmüll, den man auf jeder Insel findet… © VR Geschichten
Ich hielt ungefähr eine Stunde durch. Delphine sind ganz schön schnell. „Mit ihnen schwimmen“, wie es uns so verheißungsvoll angepriesen wurde, war eher ein extrem auf die Kondition gehendes Wettschwimmen. Bei dem immer, wirklich immer, die Delphine gewannen. Und dann aus der Ferne vor sich hin gackerten, während wir atemlos im Wasser keuchten und uns in unsere Schwimmwesten krallten, um nicht unterzugehen.
Es gab eine Ausnahme: Delphine schwimmen ein wenig langsamer, wenn sie, naja, Liebe machen. Das tun sie quasi nebenher beim Schwimmen – und ziemlich häufig – während die anderen Mitglieder der Gruppe fröhlich neben ihnen durchs Wasser gleiten. Privatsphäre gibt es nicht. Mir gelang dabei ein ziemlich intensiver Blick auf das Unterwasser-Liebesspiel der Tiere, und der Liebste konnte es bei einer anderen Gelegenheit sogar auf Video aufnehmen. Um solch einen guten Schnappschuss zu bekommen, musste er auch nur drei Stunden geduldig im Wasser verbringen…
Ägypten – von 5000 Jahre alter Kultur und blauen Drinks
Für unser nächstes Land, Ägypten, hatten wir uns einiges vorgenommen. Vorbei die Erholung, Abenteuer und Kultur hallo. Wir wollten von Kairo aus den gesamten Nil entlangreisen, bis zur sudanesischen Grenze. Im Grunde die klassische Nilreise – nur etwas ausführlicher. Was wir unterschätzt hatten, war, wie viele Tempel, Gräber, Statuen, Ausgrabungsstätten und Kloster es in Ägypten zu besichtigen gibt… Ob wir uns da nicht übernommen hatten?
Start in Kairo, dieser riesigen, vollen, wuseligen, stinkenden und einfach herrlichen Stadt. Natürlich stand gleich in den ersten Tagen das Wichtigste auf dem Plan: die Pyramiden und die Sphinx, die alle braven Touristen besichtigen – besichtigen müssen. Und nicht nur die. Da gerade Schulferien waren, hatten wir die Freude, dieses Weltwunder mit Tausenden von Ägyptern und ihren vielen, umher rasenden Kindern zu teilen. Die nicht nur auf die Pyramiden kletterten, sondern sich gegenseitig auch gerne wieder hinunter schubsten. So sahen die alten Gemäuer eher aus wie Menschenberge, Ameisenhügeln gleich.
Nach diesem wilden Beginn ging unsere Reise aber recht beschaulich weiter. Da man als Tourist nicht einfach so durch Mittelägypten kommt – zumindest nicht, wenn man zwischendurch mal anhalten und gucken will – hatten wir eine lokale Reiseagentur kontaktiert, die uns ein Auto samt Fahrer und einer Fremdenführerin stellte. Auch die Reiseroute hatte sie in vielen Mailwechseln mit mir ausgearbeitet und uns vorschriftsgemäß bei der örtlichen Touristenpolizei angemeldet.
So wurde uns vier ganze Tage lang die Ehre einer eigenen Polizei-Eskorte zu teil. Rund fünf bis zehn Mann, alle schwer bewaffnet, fuhren die ganze Strecke vor unserem kleinen Auto her, sagten uns abends im Hotel beim Einschlafen gute Nacht und begrüßten uns morgens mit einem – je nach diensthabendem Polizist – freundlichen Lächeln oder grimmigen Blick.
Bei einem Spaziergang zu einer koptischen Felsenkirche nahe unserer Unterkunft auf einer Farm. Dort kommen selten Touristen hin. Wir waren eine echte Attraktion. © VR Geschichten
Als uns unser Gefolge wie abgemacht in Luxor abgesetzt hatte, sprangen wir erst einmal umher und feierten unsere neu gewonnene Freiheit ohne Polizei. Doch allzu lang währte das nicht. Denn weiter ging es auf einem Schiff: Diesmal hatte sich der Liebste nicht von etwas Luxus abbringen lassen und darauf bestanden, dass wir den Nil hinauffahren würden wie einst die Edelleute und reichen Händler. Gesagt getan, unsere Dahabiya hisste die Segel.
Nach Schiff, Auto, etwas Zug, Pferdekutsche und wieder Auto, nach unzähligen Tempeln und Gräbern, nach Millionen von Steinen, Wandmalereien und Hieroglyphen sahen wir sie schließlich: die Tempel von Abu Simbel. Da standen sie und blickten majestätisch über den Nassersee in Richtung Sudan. Geschafft!
Übrigens: Wann immer es dem lieben Gatten zu viel Kultur wurde auf unserer Ägypten-Reise, setzte er sich mit trotzigem Blick in ein Café und bestellte sich ein blaues Getränk. Was das genau ist? Keine Ahnung. Aber es gibt unzählige Varianten, alle sehr blau und alle sehr süß. Der Mann war vom ersten Schluck an verliebt – und schnell wieder bei Kräften für das nächste Grab.
Ende Februar kamen wir schließlich glücklich, müde, voller Wüstensand und mit blauen Zungen zurück nach Berlin. Gerade noch rechtzeitig, bevor in Deutschland, Europa und der restlichen Welt alles anders wurde… Wie es uns dabei erging, erzähle ich ein andermal.
Jetzt geht es erst einmal weiter mit Virtual Reality.
schöne Beschreibung eurer Reise, konnte vieles nachvollziehen da ich auch auf Sri Lanka und Ägypten war. Etwas neidisch wieviel ihr in Ägypten gesehen habt , aber dafür war ich am Suezkanal und auf Sinai im Katharinenkloster bei den Mönchen. Und hab Max Frisch im Goetheinstitut in Kairo die Hand geschüttelt.